Collagen und Übermalungen auf Papier, Nana Dix 2006
Heile Welt ist ihre Sache nicht. Die oftmals preziös kleinformatigen Collagen und Übermalungen der Münchner Künstlerin Nana Dix stellen unsere gewohnte Bildrezeption immer wieder in Frage.
Vehement wird da die Hochglanzwelt der Magazine geschlachtet, um dekonstruiert, neu zusammengesetzt und in malerischen, oftmals Verletzungen nicht unähnlichen Eingriffen eine neue, oder „die“ Wirklichkeit zu offenbaren, die da lautet: Die Welt ist ein eitler Mummenschanz, hinter dem schönen Schein lauert der Abgrund, die Vergänglichkeit und der Tod. Das ergibt jedoch keinen Totentanz, sondern ganz im Gegenteil vor Lebendigkeit vibrierende Tableaus, denen die Farbe, etwa als pigmentstrotzende Tusche, ein Lebenssaft zu sein scheint, der geradezu ausbluten kann, zu Brandmal und Tätowierung wird, zur Wunde, zur Narbe, zum Röntgenblick.
Die Verarbeitung von Versatzstücken aus der Glamourwelt in beispielsweise ikonenhafte Schmerzensmänner- und frauen mag man durchaus medienkritisch deuten, teilt sich doch Misstrauen der Künstlerin in die Welt der idealen Bilder und Vorstellungen durch diese Verfahrensweise deutlich mit. Allerdings ist es kein erhobener Zeigefinger, mit dem Nana Dix vor der Verführung durch Scheinwelten warnt, sondern vielmehr der Finger, der in die Wunde gelegt wird, um uns im besten Sinne das Gruseln zu lehren. Nämlich als heilsamen Schock, als Neu-Begreifen der vertrauten Bilder.
In den jüngsten Arbeiten, zarten Monotypien, deren Motive sich dem Betrachter teilweise nur andeuten, gar zu entziehen scheinen, wird ein weiterer Aspekt der auch in dieser Hinsicht konsequenten Weiterentwicklung ihres Werkes spürbar: Poesie entsteht da, wo neue Zusammenhänge geschaffen werden, und gleichzeitig Raum bleibt für die persönliche Empfindung.
Die innere Distanz und damit einhergehende interpretatorische Öffnung zwischen den verarbeiteten Bildfragmenten, bildnerischen Eingriffen und hinterlassenen Spuren bewirken, dass hinter dem unmittelbar Erfassbaren nicht nur eine, sondern viele weitere Deutungs- und Bedeutungsschichten hindurchschimmern. Nana Dix tastet die fragile menschliche Scheingewissheit zwischen Erinnern, Erleben und Interpretation aus, indem sie ein gekonntes Spiel mit unseren Wahrnehmungsmustern, Sehgewohnheiten- und wünschen treibt.
Innere Distanz
Nana Dix
von maltzahn fine arts
14. März bis 21. April 2007
Eröffnung Dienstag, 13. März, 18 bis 21 Uhr
# posted by Dagmar Schott @ 21:10